Taiwan – Urlaub auf der Insel – Teil 1

Buchstabensuppe

Da sitze ich nun in Tainan, was im Süden liegt, wie “nan” verrät – im Gegensatz zu Taipeh, welches im Norden ist – “peh”, gesprochen eher wie das “bei” von Beijing, der nördlichen Hauptstadt Chinas.

Wenn wir aus dem Westen chinesische Wörter in Mandarin lesen, dann meist umschrieben in Pinyin, welches die Laute der Sprache in unser Alphabet übersetzt.  Dieses Pinyin wird auch in China benutzt, um chinesich in Telefone zu tippen.

In Taiwan wird hingegen eine andere Romanisierung der Sprache benutzt, Wade-Giles. Daher sehen die Stadtnamen z.B. oft anders aus als wir sie nach der Aussprache erwarten würden. Kaoshiung z.B. wird in Pinyin Gāoxióng.

Taiwanesen benutzen aber weder Pinyin noch Wade-Giles, sonder ein chinesisches phonetisches Alphabet, Bopomofo. Es wird hier in der Grundschule gelehrt. Es wurde 1912, nach dem Ende der letzten kaiserlichen Dynastie, in China eingeführt, und basiert auf einer Art Steno-Alphabet. Selbst wenn es phonetisch ist, es sieht mehr chinesisch als westlich aus.

Ankunft

Den Flug nach Taipeh hinter uns gebracht, mit Zwischenlandung in Manila. Wie üblich, hat es vier Stunden gebraucht, bis wir Australien überquert hatten. So groß ist unser kontinentgroßes Land. Beeindruckend, finde ich immer wieder. Es hat übrigens auch so ziemlich die Größe von China. Dort wohnen etwa 1,5 Milliarden Menschen, bei uns 25 Millionen. Allerdings haben wir keinen Gelben Fluß, keinen Yangtse, kein Perlenfluß. Australien hat WWW: wesentlich weniger Wasser.

Taiwan beherbergt 23 Millionen Menschen, also etwa die Einwohnerzahl Australiens, auf einer Insel, die mit gut 36 000 Quadratkilometern recht klein ist.

Nach der Landung geht es zunächst nach Taoyuan, einer Millionenstadt im Umland von Taipeh.

Durch einen Buchladen gebummelt. Sieht doch ein wenig anders aus als bei uns. Weniger Aufmachung, viele viele Paperbacks.

In der Ecke mit Liebesromanen waren auch schwule Paare auf den Umschlägen zu sehen, mit zärtlichem Blick oder sanften Berührungen.

Es ist Zeit fürs Hotel, am Morgen geht es nach Taipeh “proper”.

Umzug nach Taipeh

Wir schlafen die nächsten Tage ganz nahe am Hauptbahnhof.

Der Bahnhof ist riesig, finde ich, und vieles unter der Erde. Er ist S-Bahnhof, Fernbahnhof, Bahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge. Es hat ganze Shoppingmalls. “Hier war ich schon!” , heißt noch lange nicht, ich weiß, wo ich bin.

Unser Hotel haben wir gut gewählt: Zwischen Love Hotel, einem Stundenhotel im 3.Stock, und Hope Hotel im 5., welches seit der Pandemie dicht ist, sind wir im 4.Stock.

Die 4 bringt im Chinesischen Unglück, da das Wort sì, 4, so ähnlich wie Tod, sǐ, klingt. Die beiden Worte unterscheiden sich nur in der Betonung.

In dem Hotel, in dem wir vorher waren, gab es keinen 4.Stock.

Erstes Frühstück in Taipeh: Cappuccino und Zimtschnecke, dann weiter zum proppenvollen Laden mit typisch chinesischen Frühstück in Taipeh: frittierte Gebäckstange, gedämpfte Dumplings mit Schweinefleisch, gesüßte Sojamilch und seidener Tofu mit Ingwersauce und Nüssen. Die Tische simples Metall. Die Arbeit ist hart und der Lohn sicher nicht fantastisch. Der Mindestlohn ist etwas über 26000 Taiwan-Dollar, über 800 Euro pro Monat. Ob den wohl alle kriegen? Wie weit mag man damit kommen?

Der Verkehr wird bei jeder grünen Ampel von einem Schwarm Motorrollern angeführt.

Es ist Winter, 14 Grad und kühl und kurz nach fünf ist es dunkel. Sollte hier Weihnachtsgefühl aufkommen?

So etwas wie Weihnachtsmarkt, aber jeden Tag, sind die Night Markets, Nachtmärkte in den Gassen der Stadt. Ananas, Kastanien, kandierte Erdbeeren , wie unsere Weihnachtsäpfel, Schnecken am Spieß, herzhafte Pfannkuchen mit Muscheln, Bratwürste, gefüllte Rinderrouladen… In den bunt geschmückten Gassen gibt es auch was zum Spielen und Kleider und…aber Essen ist Trumpf. Snack til you drop. Vor allem die jüngere Bevölkerung ist in Scharen auf den Beinen.

Wir finden ein Poster: Müll auf die Straße zu schmeißen wird mit einer Strafe von 6000 Dollar (200 Euro) belegt.

Taipeh ist sehr sauber, man sieht kaum einen Fetzen Papier auf der Straße.

Später finden wir den Geruch.. oder Gestank von fermentiertem Tofu. 10 Shops weiter fanden wir den in Öl gebratenen Tofu. Der Geschmack ist ok, bleibt lange auf der Zunge.

Ein wenig Geschichte – von Ureinwohnern, europäischen, chinesischen und japanischen Kolonisten

Im japanischen Restaurant Misosuppe geschlürft und Unagi Zousui Teishoku, Reis mit Aal, und andere Essen geteilt, dazu Yuzu Tea, gesüßter heißer Saft einer japanische Zitrusfrucht, einer heißen Zitrone ähnlich, getrunken.

Mit dem Schnellzug nach Süden gefahren. Diesen gibt es seit knapp zwanzig Jahren. Im Gegensatz zum sonstigen Eisenbahnnetzwerk wurde es von einer Privatfirma gebaut und wird von solcher betrieben. Die Technologie basiert auf dem japanischen Shinkansen.

Auch findet sich japanisch inspirierte Architektur in den Städten von Taiwan.

In Tainan haben wir einen Ausflug ins Nationale Museum für Taiwanesische Geschichte unternommen. Etwas außerhalb der Stadt war es auch etwas ruhiger, an einem Lotussee gelegen, konnten wir auch ein wenig Natur und Vogelwelt bewundern.

In dem Museum ging es chronologisch durch die Jahrtausende. Lange bevor Chinesen nach Taiwan kamen, besiedelten andere Menschen das Land und fingen an, nicht nur as Sammler und Jäger durch die Insel zu streichen, sondern auch Hütten und Siedlungen zu bauen.

Diese Menschen gelten als Austronesier als Vorfahren vieler Völker, die wahrscheinlich von Taiwan aus mit Booten viele pazifische Inseln besiedelt haben, seit etwa 1500-1000 v.u.Z.

Im späten 16.Jahrhundert geriet Taiwan in die Blickweite chinesischer als auch japanischer Expeditionen. Es war aber auch das Zeitalter der Weltumseglungen aus Europa. Damit wuchs das Interesse an Taiwan, war es doch unweit der sogenannten Gewürzinseln, Japans und China. Zunächst setzten sich die Spanier (seit 1626) hier fest, wurden kurz danach von den Niederländern vertrieben. Die Holländische Ostindien-Kompanie war vorallem am Handel interessiert.

Han-Chinesen aus dem Festland begannen im 17.Jahrhundert, in Taiwan zu siedeln. Während einer Zeit des Umbruchs in China etablierte Zheng Chenggong, uns eher unter dem von den Holländern überlieferten Namen Koxinga bekannt, ein mit der Ming-Dynasty verbandeltes Königreich von Tungning, welches “ein Bein” in Fujien, auf dem chinesischen Festland, mit dem Zentrum der Stadt Xiamen, und ein zweites auf Taiwan hatte. Zunächst betrieben die chniesischen Neuankömmling Handel nach China parallel mit den Niederländern, kamen aber dann doch mit den Europäern ins Gehege und vertrieben sie schließlich.

Währendessen hatte sich in China die Qing-Dynastie etabliert. Sie verbot den Seehandel, um dem von Koxingas Sohn, Zheng Jing, geführten Königreich auf Taiwan  seiner wirtschaftlichen Grundlage zu berauben. Schließlich, im Jahre 1683, fiel das Königreich an die Qing-Dynastie.

Die Qing-Dynastie war an Taiwan nur mäßig interessiert. Sie sah Taiwans Wert vorallem in seiner Position. Durch die Kontrolle Taiwans wollten sie anderen Mächten und Seepiraterie an der Küste von Fujien vorbeugen. Die Einwanderung von Han-Chinesen war oft strikter Kontrolle ausgesetzt. Mal war es Chinesen erlaubt, mit Familie auf Taiwan zu siedeln, dann war es wieder verboten. Die Chinesen etablierten sich vorallem auf der Westseite der Insel, dem Flachland, auf dem Zuckerrohr und Reis angebaut wurde. In den Bergen waren nach wie vor die Ureinwohner zuhause. Da viele Chinesen ohne Frauen auf Taiwan siedelten, fließt heute auch in der chinesischen Bevölkerung oft das Blut der Ureinwohner:innen.

Ende des 19.Jahrhunderts erstarkte der nördliche Nachbar, das japanische Königreich. während der Meiji-Restoration modernisierte sich Japan. Schließlich kam es 1884/85 zum ersten Japanisch-Chinesichen Krieg. Im Ergebnis erlangte Japan die Kontrolle auf Taiwan, welche bis 1945, zum Ende des Zweiten Weltkriegs, hielt.

Auch Taiwan wurde in die Modernisierung von Japan einbezogen. Das Schulwesen, inklusive die Bildung der Ureinwohner:innen, fand nun oft in japanisch statt. Ich traf eine Taiwanesin, deren Eltern zuhause japanisch redeten. Unterschiedlichen Ethnien entstammend, fanden sie ihre gemeinsame Sprache in der Sprache, in der beide in der Schule unterrichtet wurden. Japanische Mode, japanische Teehäuser, japanisches Essen dominierte nun. Bis heute ist davon viel zu spüren, wie wir auf unserer Reise feststellten.

Auf dem Festland begann mit dem Ende der Qing-Dynastie, nach der Ausrufung der Republik, ein Bürgerkrieg zwischen der regierenden Kuomintang  und den Kommunisten. Während des Krieges gegen Japan ruhte er mehr oder minder, wurde aber nach der Niederlage Japans 1945 wieder aufgenommen. Schließlich übernahmen die Kommunisten 1949 die Macht in China und riefen die Volksrepublik aus. Die Kuomintang unter Chiang Kai-shek zog sich nach Taiwan zurück. 1952 gab Japan offiziell im Vertrag mit der Republik China, der Regierung der Kuomintang, seine Ansprüche auf Taiwan auf.

Krankheit – aufgeschnappt und rumgereicht

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben, heißt es so schön. Unter anderem sich Krankheiten einfangen. Das hat Connor erwischt, der kurz nach unserer Ankunft in Taiwan sich einen grippalen Infekt zugezogen hat. Für zwei Tage lag er mehr oder minder danieder, danach ging es wieder aufwärts. Wohl hatte er Fieber, aber immerhin blieben die Covid-Tests einstreifig – es war wohl kein Covid. Während es ihm besser ging, ging es mir schlechter, und als ich schließlich wieder auf dem aufsteigenden Ast saß, hatte sich Qian angesteckt.

Als Ergebnis dieses Krankheitringelreins waren wir eine Woche geschwächt und gingen oft nur zu zweit durch die Städte. Was schade war, aber wir haben trotzdem Zeit miteinander verbracht und einiges gesehen.