Einer doch schon recht alten Tradition folgend, trafen wir uns mit E&S zu Ostern. Das hat zwar nicht jedes Jahr geklappt, manchmal kommt uns das Leben “dazwischen”, wir versuchen es aber. Dieses Jahr sollte es ursprünglich ein Gegenbesuch bei uns in Melbourne werden, dann mussten wir aber improvisieren und trafen uns “in der Mitte”, nahe der Grenze zwischen New South Wales und Victoria, den Bundesländern mit Sydney bzw. Melbourne als Hauptstadt. Danke nach Norden, dass Ihr trotz der Umstände diese Reise auf Euch genommen habt!
Die Landesgrenze ist der Murray River, Australiens größter Fluss. Etwas östlich von Albury/Wodonga, der “Doppelstadt” an der Grenze (Albury in NSW, Wodonga in Victoria) befindet sich der Lake Hume, ein durch Eindeichung entstandenes Reservoir. Der Damm wurde zwischen 1918 und 1936 gebaut und dient vor allem der Bereitstellung von Wasser für die Landwirtschaft und Städte am Fluss, aber auch Flutverhinderung und Stromgewinnung. In den 50ern wurde der Damm erweitert, dafür musste sogar ein Dorf, Tallangatta, weichen. Noch heute kann man die blattlosen Kronen alter Bäume aus dem Wasser ragen sehen.
Tallangatta war “the town that moved”, der Ort, der umzog, 8km weiter westwärts. Die aus Holz gebauten weatherboard houses zogen tatsächlich um, wie das Foto, was wir unterwegs auf einer Schautafel fanden, zeigt:
Hier, in Tallangatta, schlugen wir unsere Zelte auf, auf den Showgrounds. Die Showgrounds sind das Gelände, auf dem jedes Jahr eine Landwirtschaftsausstellung stattfindet. Das ist ein Treffen, die der Schaustellung von Tieren, wie Kühen, Schafen, Hühnern und Pferden, und Anbau dienen, aber auch Jahrmarkt und Treffen von alt und jung sind. Zu Ostern war davon nichts zu sehen, die leeren Gehege und Käfige ließen einiges erahnen. Ganzjährig ist das Gelände als Gemeindezentrum und für Sport genutzt. Tallangatta hat, wie viele Städtchen hier, einen Footy (Australian Rules Football)- und Netballklub. Traditional spielen die Jungs und Männer Footy, die Mädchen und Frauen Netball.
Auf dem Gelände gibt es Toiletten und Duschen. Diese werden campenden Besuchern zur Verfügung gestellt, gegen einen Obolus von $20 pro Tag und Gruppe. Dadurch kommt auch etwas Leben und Geld in die Stadt. Wir haben den Samstagabend im Pub, in der Kneipe von Tallangatta verbracht. Hier saßen Großfamilien zusammen, Paare und Freunde. Eine Frau mit Donnerstimme rief zur Verlosung auf. Es gab Fisch, Krebse und Fleisch zu gewinnen. Das Ganze hatte ziemlichen DDR-Charme, mit laminierten quadratischen Tischen und recht einfach gehaltenem Ambiente. Das machten die Einheimischen mit lebhaftem Gewusel wett.
Wir kamen am Karfreitag in den Ort, ebenso wie E&S. Die Wettervorhersage war nass und kalt. die Regenbögen über der saftig-grünen hügeligen Landschaft eindrucksvoll. Den ersten Abend haben wir weintrinkend im “Partyzelt” zugebracht, da es regnete. Für den Rest des Osterwochenende war uns der Regengott gnädig, es blieb ziemlich durchgängig trocken, auch wenn es nicht sehr warm – so um die 15 Grad am Tage – und etwas windig war. Das Zelt blieb trotzdem praktisch, wir haben darin gekocht.
E&S waren mit ihrem neuen elektrischen Auto, einem BYD aus China, angereist. Wir haben unsere Kurzfahrten damit unternommen. S ist offensichtlich begeistert. Sein Strom kommt zumeist von Solarzellen auf dem Dach zuhause, somit wird fürs Fahren kaum Fossiles verbrannt. Die “Tankkosten” sind erheblich niedriger als für uns, wobei der Anschaffungspreis des Autos nach wie vor hoch ist. Da sie erhebliche Entfernungen pendelnderweise im Alltag bewältigen, wird sich die Anschaffung für sie eher rentieren als für uns in der Innenstadt lebenden, im Alltag mit dem Fahrrad unterwegsseienden Sonntagsfahrern.
Tallangatta liegt an einer stillgelegten Bahnstrecke, die inzwischen ein Fahrradweg geworden ist. Wir sind auf ihm ein Stückchen gewandert, u.a. auf einer Brücke, die über das Reservoir führt. Am Montag traten wir schließlich die Heimreise an. Es war ein schönes Ostern für uns.
Zum Abschluss noch ein paar Fotos von der Landschaft, Tallangatta von oben, und von einer kleinen Gruppe von Galahs, die hier viel zu sehen sind. Ich kann dem Reisenden auf dem Hume Highway, zwischen Melbourne und Sydney, Tallangatta empfehlen. Tallangatta liegt etwa in der Mitte, vier, fünf Stunden von beiden Großstädten entfernt.