Nun, da es Winter geworden ist, finde ich etwas Zeit, um über den Labour Day zu schreiben. Ich finde es erstaunlich, daß die Geschichte dahinter kaum erwähnt wird. Ganz anders als der ANZAC Day, der etwas mit Krieg zu tun hat. Da sind die Zeitungen voll und voller.
Vor unseren Bundeswahlen im Mai war ich u.a. zu einer Verantstaltung des ACF, des Australian Conservation Funds, um umweltfreundliche Politik zu unterstützen. Die Verantstaltung fand in der Trade Union Hall statt. U.a. sprach dort ein Gewerkschafter über die Unterstützung von Umweltpolitik durch Gewerkschaften. Ich hielt es für geschickt. In Australien, wo Bergbauunternehmen nicht nur wirtschaftlich stark, sondern auch politisch tonangebend sind, wird sehr häufig Umweltschutz als der Ökonomie und dem Arbeitsmarkt entgegenstehend dargestellt.
Die Trade Union Hell ist möglicherweise das älteste Gewerkschaftshaus, welches noch heute diesem Zwecke dient. Es wurde 1859 gebaut. An der Wand hängt ein Banner, welches auf das legenäre 8-8-8 verweist – 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit, 8 Stunden Schlaf. Der Trade Union Hall gegenüber steht ein Denkmal, welches ebenfalls daran erinnert.
Da Australiens weiße Besiedlung als Strafkolonie begann, wurden zunächst die Gefangenen als billige und praktisch ohne Einschränkung verfügbare Arbeitskräfte angesehen. Sich dagegen aufzulehnen oder zu organisieren war kaum möglich. Auch von Gerichtes Seite konnte man keinen Schutz erwarten. So wurde z.B. 1822 der Schäfer James Straighter zu 500 Peitschenhieben, einem Monat Einzelhaft und 5 Jahren Gefangenschaft extra verurteilt. Sein Vergehen war der Versuch, andere Strafgefangene zu organisieren, um höheres Gehalt und größere Essensrationen zu bekommen.
Langsam veränderte sich die Gesellschaft. Als in den frühen Fünfzigern des 19.Jahrhunderts Gold gefunden wurde, nahm der Ansturm auf Australien zu, ebenfalls der Reichtum. Die Melbourner Bauarbeiter konnten 1855 mit Hilfe von Streiks den Achtstundentag durchsetzen. Andere Berufszweige und Städte folgten, bis schließlich der Achtstundentag in Australien der “Normalfall” wurde.
Ich halte es für keinen Zufall, daß in den letzten Jahrzehnten die Anzahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter zurückging, während die “Gig-Ökonomie”, welches man früher Tagelöhnertum nannte, zunahm und die Löhne stagnierten. Die “konservativen” Regierungen seit John Howard haben das beste versucht, um Gewerkschaften zu schwächen, unterstützt von Murdochs Revolverblättern. Als John Howard 1996 Ministerpräsident wurde, waren 30% der Arbeiter organisiert, heute sind es gerade 15.
(Anmerkung: Ich mag das Wort “konservativ” in diesem Kontext gar nicht. Meiner Meinung sind die Anhänger von Thatcher und Co Radikale, die die Gesellschaft nicht schützen, sondern untergraben und spalten. Ich halte mich für konservativ, bewahrend.)
In der letzten Zeit wuchs der Widerstand. Gewerkschaften sprangen ein, um z.B. für Über-Kuriere besseren Arbeitsschutz und eine Minimalentlöhnung zu sichern. Immer mehr bemerken, daß Gewerkschaften durchaus nützen.
Es ist am Ende doch nicht erstaunlich, daß die Geschichte hinter dem Labour Day in den Medien kaum Erwähnung findet.