Fußballfieber und ein toller Film: Head South aus Neuseeland

Wieder einmal ist eine Woche vorbei. Wenn ich mal von hinten anfange, dann war ich zum Fußball mal nicht im Stadion, sondern im Young & Jackson Pub gegenüber der Flinders Street Station. Ich kam zum Ende eines Spieles der Bulldogs in Ballarat, welches lange auf der Kippe stand, bis sie im letzten Viertel deutlich in Führung gingen und schließlich gewannen. So konnte mein Freund Peter, ein Fan der Doggies, das nächste Spiel etwas gelassener anschauen. Die Saints mussten keine Hilfestellung mehr geben, die Bulldogs hatten es ins Finale geschafft.

Die Carlton-Supporter hingegen waren unter Stress. Das Spiel im Docklandsstadion war durch sie gut besetzt, wir hatten beschlossen, es in der Kneipe zu schauen. Auch hier waren St.Kilda-Fans deutlich in der Unterzahl. St.Kilda machte es Carlton nicht leicht und waren fast das ganze Spiel in Führung, auch wenn es für sie um nichts mehr ging – sie waren zu viele Punkte von den ersten acht Teams, die Finals spielen werden, entfernt.

Wohl etwa fünf Minuten vor dem Ende war es soweit, Carlton hatte gedrückt und gedrückt und ging in Führung. Diese hielten sie bis.. tja, 12 Sekunden vor Schluss. St.Kilda schoss das entscheidende Tor. Bedrückt gingen die Carlton-Fans nach Hause. Sie waren vorher so sicher gewesen, dass sie in den Finals erscheinen werden.

Sie sollten später Erleichterung erfahren – Freo, die Rivalen aus Westaustralien, verloren ihr letztes Spiel, und Carlton blieb Achter.

Hier geht es zu den letzten zwei Minuten “im Fernsehen”: http://youtu.be/XurzcE11_t0

Nun ist erst einmal eine Woche kein Fußball, bis in 14 Tagen die Finalspiele beginnen. Für St.Kilda ist die Saison zu Ende. Schade, sie haben sechs der letzten acht Spiele gewonnen. Ich kann mich entspannen. Ich werde wohl mit Peter zum ersten und hoffentlich nicht letzten Finalspiel ins MCG, den Melbourne Football Ground gehen.

Vor dem Spiel hatte ich ein wenig Zeit und habe mich in der Innenstadt in den kleinen Gassen, wie der AC/DC Lane, umgesehen, in der es Graffiti gibt, die etwas über unsere Stadt sagen. Malcolm Young von AC/DC, Julian Assange, Fußballerinnen, Indier und ihre Begeisterung über Cricket finden an den Wänden ihren Ausdruck.

Auf dem Nachhauseweg vom Footy wurde ich von einem Gewitter eingeholt und kam so nass nach Hause. Es wird langsam Frühling, der aber unbeständig ist. Sonnenschein, Regen, Blitz und Donner und Regenbogen – alles ist möglich.

So erschien mir die Melbourner “Berlinale”, die Filmfestspiele, doch schon etwas spät. Es war nicht mehr ganz so winterlich. Ich ging in den Film Head South, einen Film über Punkmusik in Neuseeland. Das war, was ich wusste, bevor ich in den Film ging.

Was für ein Film!, dachte ich, als ich nach der Frage/Antwort-Runde nach Hause ging.

Der Regisseur Jonathan Ogilvie nannte es einen “kleinen Film”. Ich denke, genau das machte diesen Film so gut. Es war kein Film über die Sex Pistols, die Clash oder The Undertones. Es spielte nicht in London, auch nicht in New York, LA oder Berlin. Es war ein semi-autobiographischer Film, in dem die Punkszene von Christchurch, Neuseelands “zweiter Stadt”, der größten Stadt der Südinsel, eine Rolle spielt. Es war ein Film über junge Leute, die ihren Weg suchten und cool sein wollten, ohne es wirklich zu sein.

Aber genau das machte sie cool: Nicht der Hang zur Perfektion, sondern irgendetwas tun. Und wenn’s nur ist, um es “den Anderen” zu zegen oder ein Mädel oder halt ‘nen Jungen ins Bett zu kriegen. Auch wenn man sich vielleicht doch davon macht, wenn sich herausstellt, dass da jenseits der schönen Beine nicht alles zum besten steht.

Ed Oxenbould, der Angus spielt, hat für den Film vier Akkorde gelernt. Für Punk braucht man bekanntlich nur drei, er war also absolut überqualifiziert, wie der Regisseur bemerkte. Was der junge Mann aus Brisbane auch lernte, war Kiwisprech, den Akzent der Neuseeländer. Als “spätlernender Aussie” fiel mir das gar nicht so auf.

Ich konnte in diesem Film so manche Parallele zu meiner Jugend erkennen – und das wird wohl vielen so gehen, egal wo sie aufwuchsen. Jugend und die Suche nach einem Weg, der nicht unbedingt der gradlinigste ist – das findet sich überall.

Trotzdem bestach der Film auch durch das “strikt lokale”. Für den Zweidekaden-Melbourner war das die kleinen Häuser, teils aus Holz, die Gassen, die Schuluniform und anderes “universal downunder”, für den Kiwi oder jemenden, der in Christchurch aufgewachsen ist, gab der Film sicher noch mehr Lokales daher.
Hier mehr über den Film: https://www.nzonscreen.com/title/head-south-2024/overview

Soweit für heute!

April, April

Hallo aus Melbourne!

Ich bin überrascht, der April verging schnell! Ich gehe durch meine Notiz- und Bildersammlung und klaue auch ein paar Zeilen aus einem kürzlich geschriebenen Brief (noch mal liebe Grüsse, Jens!), um mich selbst an diesen schnell vergangenen Monat zu erinnern.

Hier ist Herbst. Der zumeist schön ist. So auch heute. Die
Sonne scheint. Die bunten Blätter strahlen in grün, gelb, orange, rot. Herbst halt. Die Ureinwohner nennen es die Zeit,
in der Regen and Wind aufgehört haben. Eine der sechs zumeist schönen Jahreszeiten in Melbourne.

Qian und ich haben ein langes Wochenende teilweise in Echuca verbracht. Zweihundert und ein bisschen Kilometer nördlich von Melbourne, ist der mighty Murray River die Grenze zu New South Wales. Keine Wale, und auch sonst ist der größte Fluss nicht so wahnsinnig imposant, auch wenn er und seine Zuflüsse für den Osten des Landes sehr wichtig sind. Derzeit ist nicht viel Wasser drin, und es hat nicht einmal Warnowbreite. Nebel vielleicht, in braun.

Wir waren mit dem Hotel California unterwegs, unserem kleinen Zeltanhänger. Gemessen an den Ungetümen, die heute durch das Land ziehen, ein Winzling.

Auf dem Zeltplatz, ein von den Einheimischen freigegebener Ort ohne weitere Einrichtungen, wenn man von Wasserhähnen absieht, trafen wir grey nomades, Rentner, die in Wohnwagen durch das Land ziehen und oft wohnen. Einige Geschichten sind ganz interessant. Ray aus Westaustralien, der beruflich viel herumgekommen ist, und seine Frau Jenny, die am Tag unserer Abreise ihren 70. Geburtstag feierte. Westaustralien nimmt ca. 40 Prozent des Kontinents ein. Die Hauptstadt Perth mit seinen inzwischen 2,5 Millionen Einwohnern ist zwei Zeitzonenstunden von uns entfernt, so wie Moskau.
Glücklicherweise geht es dazwischen aber friedlich zu. Das ist doch schon was. Nicht, dass hier alles paletti ist. Aber immerhin fehlt dem gemeinen Aussie der Hang zum Fanatismus. Es gibt keinerlei Meinungsunterschied, der nicht beim Grillen dezent zur Seite gelegt werden kann. Das finde ich immer noch ungemein entspannend.

So kann ich mich hier neben der Frustration mit der Großen Politik den kleinen Dingen des Lebens widmen. Dazu gehört das Konzertleben. Vor gut einer Woche habe ich Kid Congo Powers gesehen, der über Nick Cave and The Bad Seeds mit Australien verbandelt ist. Er hat mit ihnen bis irgendwann in den Neunzigern gespielt, u.a. das Album The God Son. Auch habe ich ihn vor langer Zeit auf einem Album mit der deutschen Band Die Haut gefunden, welches den schönen Titel Headless Woman in Topless Bar trug.

Dieses Mal war Kid Congo mit seinem Bad Seeds-Mitgefährten Mick Harvey auf der Bühne. Kid Congo in rosa Umhang, Mick Harvey dezenter dahinter am Bass. Er kann ja alles spielen, außer vielleicht Hauptperson auf der Bühne. Er, so scheint mir, spielt lieber im Hintergrund, ob life, ob im Studio, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Komponist, Produzent. Zur rechten spielte ein Hüne unspektulär, aber gut Gitarre. Hinten saß ein Schlagzeuger in einem Aufzug, als wenn er aus einem Tarantino-Film entsprungen wäre.

Kid Conco war der Blickfang und Unterhalter. Ich kenne wenige seiner eigenen Lieder. Das ist nicht unbedingt schlecht. Ich kann so jeden Song als Neuheit einfangen und brauche keine alten Kamellen einzufordern. Als Vorband und zur Zugabe war der Aussie Kim Salmon auf der Buehne, in stylisch braunem Anzug. Am Ende fing ein 50 Hertz-Brummen an. Die Veteranen der Buehnenzunft umzingelten den Monitor und beschlossen per Kopfnicken abzuschalten. Kurz danach war dann alles vorbei.

Wir sind übrigens auf unserem Heimweg aus Echuca durch Rochester gekommen, einer durch 150 Jahre alte Hotels und große Weizensilos gezeichnete Kleinstadt, aus der Mick Harvey stammt. 2018 hat ein Melbourner Künstler, Jimmy Dvate (https://jimmydvate.com), dort die Silos bemalt, Squirrel Glider, Azure Kingfisher und Platypus. In der Bäckerei hing ein Foto von 2011. Damals trat der Campasce, ein Nebenfluss des Murray, über die Ufer und überschwemmte die Hauptstraße der Kleinstadt. Die Bäckerei hat wohl damals Glück gehabt. Die Türschwelle war gerade noch hoch genug.

Echuca am Murray liegt an der Grenze der zwei Bundesstaaten Victoria und New South Wales, bis 1901 unterschiedliche Kolonien. Deshalb gibt es dort Zollhaus und Banken. Das Commonwealth of Australia wurde 1901 mit der Motivation gegründet, diese Zölle und andere Hindernisse zwischen den Landesteilen abzuschaffen. Unsere Verfassung liest sich ziemlich prosaisch wie die Geschäftsordnung. Von Grundrechten und ähnlichem ist da nicht viel zu finden.

  

Der Grund des langen Wochenendes war der ANZAC Day. An dem gedenken die Aussies der Landung von Gallipoli in der heutigen Türkei, im Jahre 1915 von englischen Offizieren für Vaterland und Krone verheizt. Es ist nicht supermilitant, eher ein stilles Gedenken an junge Menschen, die in Kriegen ums Leben gekommen sind. Natürlich stellt sich trotzdem die Frage, warum sie da waren.

Wie auch immer, es ist ein freier Tag. Eine Band spielt am Wochenende im Shamrock Hotel, wir gucken Footy – St.Kilda spielt nicht schlecht, verliert aber trotzdem, ich bin via Signal im Kommentaraustausch mit Sarah, die derzeit bei ihrer Großmutti in Berlin weilt – und wir kommen mit einer aus den Niederlanden eingewanderten Frau ins Gespräch. Von hier aus bin ich weniger Deutscher, mehr Europäer. Wir kommen über alte und geplante Urlaube in Prag und Budapest ins Gespräch. Qian hatte einen in Taiwan gekauften Reiseführer über diese Städte, in chinesisch geschrieben, auf dem Tisch.

Bei mir war es “the naturalist of Amsterdam” von Melissa Ashley. Das ist ein Roman, der um 1700 spielt und sich mit den niederländischen Kolonien und speziell Surinam befasst, und dem Entstehen von Büchern, die die Natur der Neuen Welt, die damals für Europäer entdeckt wurde, beschreiben. Es geht im das Leben unabhängiger Frauen, vorallem das von Maria Sibylla Merian, die sich auf Schmetterlinge spezialisiert hatte und diese studierte, derer Metamorphosen und derer Habitat, und darüber Bücher schrieb und illustrierte, so naturgetreu wie möglich. Ein recht interessantes Buch, gibt es der Zeit etwas Flair, welcher mich etwas an Beschreibungen über das viktorianische Zeitalter in England erinnert, gut hundert Jahre später.

Am Anfang des April besuchten wir die Triennale im NGV, der Nationalgalerie von Victoria. Es war das letzte Wochenende dieser Ausstellung und ich wollte sie nicht ganz verpassen. Der Andrang war gross, nicht nur mir ging es so. Nächsten Tag berichtete ein befreundeter Bogenschütze, dass er auch dort war. Bei dem Gemenge war es aber wirklich kein Wunder, dass wir uns nicht gesehen hatten.

Am Eingang, hinter dem Fensterbogen, an dem Wasser hinunterläuft, der immer wieder Kinder zum Spielen einlädt, war ein feuriges Spektakel aufgebaut. eine riesige Frauenfigur, in ihr Handy versunken, stand in der Eingangshalle. Es gab einen Raum, dessen Wände mit Papier behängt waren. In der Mitte saßen die Besucher:innen und beschrieben und bemalten weiße Blätter und fügten sie den Wänden hinzu. Es gab einen leuchtenden Teppichboden. Es gab… viel zu sehen.

Die Ausstellungsstücke der Triennale waren in die Dauerausstellung integriert. Ich fand das sehr gelungen. So konnte man die ‘frischen” Stücke bewundern und blieb doch ab und an an altbekannten Ausstellungsstücken ‘hängen’, wie z.B. einem Gemälde von Pizarro, einen Boulevard in Montparnasse zeigend, oder vom Australier Tom Roberts, der 1886 seine Mitreisenden auf der Fahrt nach Süden malte.

Als erstes beeindruckte mich eine Videoinstallation eines US-Amerikaners, Sky Hopinka. Es beschäftigt sich mit dem Verschwinden der Welt, die seine Vorfahren, amerikanische Ureinwohner:innen, vorgefunden hatten.

Eine Taiwanesin, Joyce Ho, reflektierte in ihrem Videorahmen den Alltag und den Raum, in dem dieser stattfindet.

Die Australierin Jessica Murtagh erschuf “klassische” Vasen, in denen nicht griechische Gottheiten, sondern unser Pandemie-Alltag abgebildet ist, den Kampf ums Toilettenpapier und das Anstellen bei Centrelink, dem Sozialamt.

Mich beeindruckte ein grosses Ölgemaelde der Amerikanerin Lucy Bull als auch eine Sphinx, die sich mit kultureller Aneignung beschäftigt. Wahrscheinlich waren es niederländische Kolonisten, die indonesische Batik nach Afrika brachten, es ist nicht “klassisch afrikanisch”, auch wenn Batik weite Verbreitung auf dem Kontinent gefunden hat.

Die Australierin Ashley Jameson Eriksmoen “rekonstruiert” einen Baum aus Abfall. “Tee with yot-a!” heißt “Viele Cockatoos!” und ist ein Versuch von Keith Wikmunea, einem Australier mit First Nations Background, visuell Wissen über das Land weiterzugeben. Eine Süßwasserlagune im Norden des Landes, wo er her kommt (gut 3000km von hier) weitet sich während der Regenzeit soweit aus, dass sie sich mit dem Salzwasser des benachbarten Meeres verbindet. Es ist die Zeit der Cockatoos.

Alles in allem ein schöner Besuch. Ich glaube, dieser junge Besucher denkt das auch.

Ostern

Das warme Osterwochenende geht mit Gewitter und viel Regen (über Nacht sollen 50mm fallen) zu Ende. Wir hatten bis zu 30 Grad.

Am Freitag waren wir mit Familie und Gästen zum Good Friday Fun Shooting. Nach dem Schuss wurde die Zählmethode bekanntgegeben: Nur links oben zählt oder eine 1 wird 10 und umgekehrt. War lustig, wir waren kostümiert, und es kamen $4800 für den Good Friday Appeal zusammen, der dem Kinderkrankenhaus zugute kommt. Davon werden kindergerechte Verbesserungen, Spielzeuge etc. bezahlt, manches auch an regionale Krankenhäuser weiterverteilt.

Abends beim Grillen bemerkte eine Runde Sydneysider, die hierher kamen, teils hier leben, wie erstaunt sie sind, wie Community in funktioniert. “Wie auf dem Lande” bemerkte einer.

Ich kann das nachvollziehen. Von der Zugehörigkeit zu Footy Clubs, Radiosender, Kommunalgalerien, kommunalem Gärtnern etc. pp. sind viele lokal eingebunden, und eigentlich alle von den Institutionen unterstützen auf die ein oder andere Art gemeinnützige Zwecke und Bedürftige.

Die Saints haben am Samstag leider nicht gewonnen. Das Gefühl hatte ich vom ersten Viertel an. Wenn man dominiert, aber daraus nichts macht, statt Toren (6 Punkte) nur Behinds (1 Punkt) schießt.. das rächt sich, wenn die Kraft am Ende nachlässt. Knapp 6 Minuten vor dem Spielende war es soweit: Essendon übernahm die Führung und die Saints verloren mit 5 Punkten.

Ich wollte ins Stadion, das war aber war ausverkauft. Ich hatte den Samstagnachmittag “frei”, das Wochenende war für meine Studienfreundin Elke und ihren Mann reserviert – die am Samstag anderweitig beschäftigt waren.

Heute machten sich beide auf den Heimweg nach Sydney und unser australisches Studienjahrestreffen ging zu Ende. Hier die vollständige Runde:

Und hier ein paar Fotos von unserem Rundgang durch den Botanischen Garten – die Frauen benannten die Pflanzen, den Männern genügt es, dass es irgendwie grün ist.

Das Ende eines Sommers?

Noch nicht ganz. Zu Ostern soll es über 30 Grad werden. Aber so langsam geht es dem Herbst entgegen. Wir hatten auch schon kühle Tage, mit 15 Grad am Morgen im Haus. Kurz davor waren es stattdessen 38.

Bei solchem Wetter geht es natürlich am besten an den Strand, vorallem, wenn man ihn praktisch vor der Haustür hat. Am Nachmittag und Abend sieht es dann so aus:

am Morgen hat man den Strand fast für sich allein.

Nun, wo es etwas kühler ist, ziehen wir uns abends schon ein wenig mehr an, wenn wir im Garten grillen. Wir hatten gestern den “Meatsmith” von St.Kilda besucht, davon landete etwas schon Mariniertes auf dem Rost, dazu ein wenig Gemüse aus dem eigenen Garten – Qians Werk.

Sie hat noch einiges mehr geschaffen, so wie eine seltsame Gurkensorte angebaut, die Stacheln hat:

Nicht sehr praktisch finde ich, schmecken tut sie aber doch. Eines Abends, als ich kochte, hatte ich von der Zitrone aus dem Garten noch Schale übrig, daraus wurde ein Zitronenkuchen für  das Wochenende.

Wir waren aber nicht nur zuhause. Diese Woche z.B. waren wir beim Musical. Tim Minchin hat die Musik für Groundhog Day geschrieben, welches nun in Melbourne gezeigt wurde.

Dieser Vorhang begrüßte uns im Princess Theatre gegen über des Parlaments. Er wurde hochgezogen, und Andy Karl, der Phil Connors des Stücks, wurde durch den Radiowecker aus dem Schlaf gerissen und begann seinen Groundhog Day in Punxsutawney, schlechtgelaunt und sich nicht besonders gut benehmend. Der Amerikaner, der schon am Broadway den Wettermann verkörperte, spielte und sang die zwei Stunden an der Seite der Australierin Elise Mccann aus Wodonga.

Hier Andy Karl mit seiner Bühnenpartnerin Barret Doss von der Broadway-Aufführung: https://youtu.be/FAaa0xRBKUw

Weil ich gerade bei der Musik bin – ich war zum Konzert bei Todd Rundgren im Corner Hotel und kam mit einem T-Shirt zurück. Mal nicht in schwarz, sondern gelb! Aber auch, weil mir das Konzert gefallen hat. Begleitet haben ihn australische Musiker um You Am I’s Davey Lane. Das wird ihm sicher ein wenig die Tourneekosten gesenkt haben. Lane stand aber schon 2018 mit Rundgren auf der Bühne – die Band war wirklich eingespielt und der Sound gut.

Hier ein etwas jüngeres Werk von Todd Rundgren, welches in meinem Ohr hängengeblieben ist: https://youtu.be/ty9oS6d0FKE Hübsches Video, oder?

Natürlich findet Musik in Melbourne auch auf der Straße statt. Hier ein Schnappschuss von der Swanston Street in der Innenstadt, eine junge Frau, die hörenswert sang und Gitarre spielte.

Nahebei das Cafe, welches vor der Pandemie 24 Stunden, danach nur noch bis elf offen hatte. Nun ist es zu.. es wird mir fehlen.

Mit Qian war ich anlässlich ihres Geburtstages auf der Mornington Peninsula. Ganz nobel bei Cape Schanck. Hier ein paar Bilder davon, inklusive Foodporn:

Am anderen Ende der Preisskala, die Übernachtung betreffend, war meine Wanderung mit Edgar im Tara Bulga National Park. Während die Stadt bei fast 40 Grad schwitzte, wanderten wir bei lauschigen 27 Grad durch den Busch, unter drei, vier Meter hohen Farnbäumen und Mountain Ashes. Ich erinnere mich an ein Schild, was von 75 Meter Höhe sprach. Majestätisch!

 

Übernachtet haben wir im Zelt. Das heißt, ich habe nur das “Moskitonetz” aufgestellt und auf das Überzelt verzichtet. So konnte ich vom Schlafsack aus die Milchstraße bestaunen.

Die langen eleganten, die kommen vom Elefanten.. Natürlich gibt es keine davon im Jurassic Park von Victoria, dem temperierten Regenwald, auch keine Dinos. Dafür haben wir Wallabies hüpfen sehen als auch einen Lyrebird, den elusiven pfauengroßen Vogel, der allerlei Stimmen imitieren kann. Edgar lag gerade mit geschlossenen Augen auf seinem Rucksack, als wir Pause machten, als der Vogel mit seinem hübschen langen Schwanz angerauscht kam. Als ich Edgar auf ihn aufmerksam machte, verschwand der Vogel im Gebüsch. Edgar hat es mir nicht geglaubt.

Zum Abschluss ein “Familienfoto” mit einem befreundeten Paar, welches wir vor kurzem besuchten. Noch mal mit Foodporn 😉 Soweit für heute.

Tschüß, bis demnächst!

Das Hotel California auf Busch- und Ozeantour

On a dark desert highway
Cool wind in my hair
Warm smell of colitas
Rising up through the air
Up ahead in the distance
I saw a shimmering light
My head grew heavy and my sight grew dim
I had to stop for the night

Als ich vor kurzem diese Zeilen hörte, fiel mir auf, wie unüblich diese Art des Reisens geworden ist. Einen Tag einfach unterwegs sein, bis es Abend wird, und sich dann nach einem Schlafplatz umsehen?

Genau das haben Xavier und ich gemacht, auf dem Weg in das benachbarte Bundesland New South Wales. Wobei man dazu die Größe Australiens einbeziehen muss. Die Entfernungen sind beträchtlich, durchaus den USA vergleichbar. Dabei blieben wir immer noch auf dem Südrand des Kontinents.

Den Anfang machten wir allerdings zu viert. Ein “Wild Bunch” von Männern, die sich in Melbourne seit zwanzig Jahren kennen. Edgar hatte gar T-Shirts gemacht, die am Abend in der Kneipe sowie beim morgendlichen Bushwalk für Aufmerksamkeit sorgen, als wir alle diese T-shirts trugen. Der Name geht auf unsere Kommunikationsgruppe zurück, die wir während der Pandemie etabliert hatten. Irgendeinen Namen muss man dem ja geben. So, Wild Bunch it was.

Am Freitagabend ging es nach Rye auf der Mornington Peninsula, der Halbinsel am südöstlichen Zipfel der Stadt Melbourne. Auf einer Seite liegt die nur windwellenplätschernde Bucht Port Phillips Bay, auf der Südeseite hingegen der mächtig gewaltige Südliche Ozean. Davon später mehr. Unser Zeltplatz in Rye war direkt am Strand zur Bucht, die morgens in der sommerlichen Sonne sanft glänzend vor uns lag, als wir in sie hineinglitten, um den schweren Kopf vom Vorabend wieder klar zu bekommen. Der Abend war feucht und gesellig gewesen. U.a. redeten wir mit einer Gruppe jüngerer Menschen.. Eine Kanadierin hat ihre nach Australien verheiratete Freundin besucht. Der Anlass war ein Konzert von Taylor Swift. Diese hatte dreimal das MCG ausverkauft, fast 300 000 Menschen haben sie gesehen. Warum, kann ich nicht sagen. Ich gehöre aber auch nicht in ihre Zielgruppe.. warum der etwa gleichaltrige Prime Minister von Australien als Swiftie ausgibt.. nun ja.

Nach einem zu viert veranstalteten Waldspaziergang bei Cape Schanck machten Xavier und ich uns auf den Weg gen Osten. Wir hatten unser Hotel California dabei – den Anhänger mit Zelt. Damit konnten wir am Ende des ersten Abends im waldigen Gippsland bei den Tara Falls übernachten. Statt Champagner gab es Malzbier, und frisches Brot aus St.Kilda hatten wir auch dabei. Eigentlich waren wir auf einer sich durch den Wald schlängelnden Straße auf dem Weg zu einem Zeltplatz. Die Tara Falls waren aber schon von allen Tourist:innen verlassen worden, die Straße war still. Da konnten wir auch am Straßenrand übernachten.

Am Morgen machten wir uns auf der Schlängelstraße heraus nach Süden an die Küste. Die Straße war teilweise so eng, dass ich hupte, um – nie kommenden – Gegenverkehr zu warnen, bevor es langsam um die Kurve ging. In Yarram gab es Frühstück und in Bairnsdale zeigte ich Xavier eine Kirche, die von einem italienischen Einwanderer aufs prächtigste bemalt wurde.

Tank girl ist auch hungrig.

In Lake Entrance sprangen wir in die mannshohen Wellen des Ozeans. Schwimmen kann man das nicht nennen. Mir flößt der Ozean mit seinen Wellen und Strömungen immer wieder Ehrfurcht ein.

Xavier hatte den Tip Cape Conran zum Übernachten bekommen. Wir kamen rechtzeitig im benachbarten Marlo ein, hatten ein Bier und Abendmahl im Hotel Marlo und ließen uns auf die Empfehlung des Gastwirtes ein, im Ocean View Caravan Park zu übernachten. Diesen Abend also nicht kostenlos und mit Dusche etc. Der Himmel hatte sich leider zugezogen, so dass es mit der Sternenpracht nichts wurde. Am Abend zuvor hatte ich davon einiges ahnen können, die Bäume ließen aber nur einen Ausschnitt des Sternenzeltes sehen.

Schließlich, mit einem Stop in Eden, um noch ein Mal mit dem nun Pazifischen oder Stillen Ozean zu reden… von wegen still, gelangten wir nach Moruya, wo eine alte Freundin von Xavier wohnt. Es war sehr schön, bei ihr zu sein. Am ersten Abend war ihre Schwester mit uns im Pub, am zweiten musste das geplante BBQ, Grillen, mit der benachbarten Familie ausfallen, weil im Nachbarhaus ihr Bruder mt Covid niedergekommen war. Tja, das gibt es eben immer noch. Zu dritt waren wir am Tag noch in sanfteren Wassern schwimmen. Um Moruya herum gibt es Ozean, Flussmündung und Seen. Ein Paradies für den Badefreudigen – für mich z.B.

Schließlich wurde es zeit für den Heimweg, und den in einem Tag für die ca. 800km. Das war schon ein Stückchen. Trotzdem fanden wir ein wenig Zeit, uns unterwegs umzuschauen, z. B. Rochen im Wasser und Pelikane auf dem Wasser zu bestaunen. Die Rochen gehören für mich zu den fantastischsten Wesen, wie sie wie Unterwasserflugzeuge gemächlich durch das Wasser gleiten.

Wir sahen den Sonnenuntergang in den südöstlichen Vororten, bevor wir im Dunkeln nach St.Kilda zuhause einrollten.

Schön war’s!

Taiwan – Urlaub auf der Insel – Teil 1

Buchstabensuppe

Da sitze ich nun in Tainan, was im Süden liegt, wie “nan” verrät – im Gegensatz zu Taipeh, welches im Norden ist – “peh”, gesprochen eher wie das “bei” von Beijing, der nördlichen Hauptstadt Chinas.

Wenn wir aus dem Westen chinesische Wörter in Mandarin lesen, dann meist umschrieben in Pinyin, welches die Laute der Sprache in unser Alphabet übersetzt.  Dieses Pinyin wird auch in China benutzt, um chinesich in Telefone zu tippen.

In Taiwan wird hingegen eine andere Romanisierung der Sprache benutzt, Wade-Giles. Daher sehen die Stadtnamen z.B. oft anders aus als wir sie nach der Aussprache erwarten würden. Kaoshiung z.B. wird in Pinyin Gāoxióng.

Taiwanesen benutzen aber weder Pinyin noch Wade-Giles, sonder ein chinesisches phonetisches Alphabet, Bopomofo. Es wird hier in der Grundschule gelehrt. Es wurde 1912, nach dem Ende der letzten kaiserlichen Dynastie, in China eingeführt, und basiert auf einer Art Steno-Alphabet. Selbst wenn es phonetisch ist, es sieht mehr chinesisch als westlich aus.

Ankunft

Den Flug nach Taipeh hinter uns gebracht, mit Zwischenlandung in Manila. Wie üblich, hat es vier Stunden gebraucht, bis wir Australien überquert hatten. So groß ist unser kontinentgroßes Land. Beeindruckend, finde ich immer wieder. Es hat übrigens auch so ziemlich die Größe von China. Dort wohnen etwa 1,5 Milliarden Menschen, bei uns 25 Millionen. Allerdings haben wir keinen Gelben Fluß, keinen Yangtse, kein Perlenfluß. Australien hat WWW: wesentlich weniger Wasser.

Taiwan beherbergt 23 Millionen Menschen, also etwa die Einwohnerzahl Australiens, auf einer Insel, die mit gut 36 000 Quadratkilometern recht klein ist.

Nach der Landung geht es zunächst nach Taoyuan, einer Millionenstadt im Umland von Taipeh.

Durch einen Buchladen gebummelt. Sieht doch ein wenig anders aus als bei uns. Weniger Aufmachung, viele viele Paperbacks.

In der Ecke mit Liebesromanen waren auch schwule Paare auf den Umschlägen zu sehen, mit zärtlichem Blick oder sanften Berührungen.

Es ist Zeit fürs Hotel, am Morgen geht es nach Taipeh “proper”.

Umzug nach Taipeh

Wir schlafen die nächsten Tage ganz nahe am Hauptbahnhof.

Der Bahnhof ist riesig, finde ich, und vieles unter der Erde. Er ist S-Bahnhof, Fernbahnhof, Bahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge. Es hat ganze Shoppingmalls. “Hier war ich schon!” , heißt noch lange nicht, ich weiß, wo ich bin.

Unser Hotel haben wir gut gewählt: Zwischen Love Hotel, einem Stundenhotel im 3.Stock, und Hope Hotel im 5., welches seit der Pandemie dicht ist, sind wir im 4.Stock.

Die 4 bringt im Chinesischen Unglück, da das Wort sì, 4, so ähnlich wie Tod, sǐ, klingt. Die beiden Worte unterscheiden sich nur in der Betonung.

In dem Hotel, in dem wir vorher waren, gab es keinen 4.Stock.

Erstes Frühstück in Taipeh: Cappuccino und Zimtschnecke, dann weiter zum proppenvollen Laden mit typisch chinesischen Frühstück in Taipeh: frittierte Gebäckstange, gedämpfte Dumplings mit Schweinefleisch, gesüßte Sojamilch und seidener Tofu mit Ingwersauce und Nüssen. Die Tische simples Metall. Die Arbeit ist hart und der Lohn sicher nicht fantastisch. Der Mindestlohn ist etwas über 26000 Taiwan-Dollar, über 800 Euro pro Monat. Ob den wohl alle kriegen? Wie weit mag man damit kommen?

Der Verkehr wird bei jeder grünen Ampel von einem Schwarm Motorrollern angeführt.

Es ist Winter, 14 Grad und kühl und kurz nach fünf ist es dunkel. Sollte hier Weihnachtsgefühl aufkommen?

So etwas wie Weihnachtsmarkt, aber jeden Tag, sind die Night Markets, Nachtmärkte in den Gassen der Stadt. Ananas, Kastanien, kandierte Erdbeeren , wie unsere Weihnachtsäpfel, Schnecken am Spieß, herzhafte Pfannkuchen mit Muscheln, Bratwürste, gefüllte Rinderrouladen… In den bunt geschmückten Gassen gibt es auch was zum Spielen und Kleider und…aber Essen ist Trumpf. Snack til you drop. Vor allem die jüngere Bevölkerung ist in Scharen auf den Beinen.

Wir finden ein Poster: Müll auf die Straße zu schmeißen wird mit einer Strafe von 6000 Dollar (200 Euro) belegt.

Taipeh ist sehr sauber, man sieht kaum einen Fetzen Papier auf der Straße.

Später finden wir den Geruch.. oder Gestank von fermentiertem Tofu. 10 Shops weiter fanden wir den in Öl gebratenen Tofu. Der Geschmack ist ok, bleibt lange auf der Zunge.

Ein wenig Geschichte – von Ureinwohnern, europäischen, chinesischen und japanischen Kolonisten

Im japanischen Restaurant Misosuppe geschlürft und Unagi Zousui Teishoku, Reis mit Aal, und andere Essen geteilt, dazu Yuzu Tea, gesüßter heißer Saft einer japanische Zitrusfrucht, einer heißen Zitrone ähnlich, getrunken.

Mit dem Schnellzug nach Süden gefahren. Diesen gibt es seit knapp zwanzig Jahren. Im Gegensatz zum sonstigen Eisenbahnnetzwerk wurde es von einer Privatfirma gebaut und wird von solcher betrieben. Die Technologie basiert auf dem japanischen Shinkansen.

Auch findet sich japanisch inspirierte Architektur in den Städten von Taiwan.

In Tainan haben wir einen Ausflug ins Nationale Museum für Taiwanesische Geschichte unternommen. Etwas außerhalb der Stadt war es auch etwas ruhiger, an einem Lotussee gelegen, konnten wir auch ein wenig Natur und Vogelwelt bewundern.

In dem Museum ging es chronologisch durch die Jahrtausende. Lange bevor Chinesen nach Taiwan kamen, besiedelten andere Menschen das Land und fingen an, nicht nur as Sammler und Jäger durch die Insel zu streichen, sondern auch Hütten und Siedlungen zu bauen.

Diese Menschen gelten als Austronesier als Vorfahren vieler Völker, die wahrscheinlich von Taiwan aus mit Booten viele pazifische Inseln besiedelt haben, seit etwa 1500-1000 v.u.Z.

Im späten 16.Jahrhundert geriet Taiwan in die Blickweite chinesischer als auch japanischer Expeditionen. Es war aber auch das Zeitalter der Weltumseglungen aus Europa. Damit wuchs das Interesse an Taiwan, war es doch unweit der sogenannten Gewürzinseln, Japans und China. Zunächst setzten sich die Spanier (seit 1626) hier fest, wurden kurz danach von den Niederländern vertrieben. Die Holländische Ostindien-Kompanie war vorallem am Handel interessiert.

Han-Chinesen aus dem Festland begannen im 17.Jahrhundert, in Taiwan zu siedeln. Während einer Zeit des Umbruchs in China etablierte Zheng Chenggong, uns eher unter dem von den Holländern überlieferten Namen Koxinga bekannt, ein mit der Ming-Dynasty verbandeltes Königreich von Tungning, welches “ein Bein” in Fujien, auf dem chinesischen Festland, mit dem Zentrum der Stadt Xiamen, und ein zweites auf Taiwan hatte. Zunächst betrieben die chniesischen Neuankömmling Handel nach China parallel mit den Niederländern, kamen aber dann doch mit den Europäern ins Gehege und vertrieben sie schließlich.

Währendessen hatte sich in China die Qing-Dynastie etabliert. Sie verbot den Seehandel, um dem von Koxingas Sohn, Zheng Jing, geführten Königreich auf Taiwan  seiner wirtschaftlichen Grundlage zu berauben. Schließlich, im Jahre 1683, fiel das Königreich an die Qing-Dynastie.

Die Qing-Dynastie war an Taiwan nur mäßig interessiert. Sie sah Taiwans Wert vorallem in seiner Position. Durch die Kontrolle Taiwans wollten sie anderen Mächten und Seepiraterie an der Küste von Fujien vorbeugen. Die Einwanderung von Han-Chinesen war oft strikter Kontrolle ausgesetzt. Mal war es Chinesen erlaubt, mit Familie auf Taiwan zu siedeln, dann war es wieder verboten. Die Chinesen etablierten sich vorallem auf der Westseite der Insel, dem Flachland, auf dem Zuckerrohr und Reis angebaut wurde. In den Bergen waren nach wie vor die Ureinwohner zuhause. Da viele Chinesen ohne Frauen auf Taiwan siedelten, fließt heute auch in der chinesischen Bevölkerung oft das Blut der Ureinwohner:innen.

Ende des 19.Jahrhunderts erstarkte der nördliche Nachbar, das japanische Königreich. während der Meiji-Restoration modernisierte sich Japan. Schließlich kam es 1884/85 zum ersten Japanisch-Chinesichen Krieg. Im Ergebnis erlangte Japan die Kontrolle auf Taiwan, welche bis 1945, zum Ende des Zweiten Weltkriegs, hielt.

Auch Taiwan wurde in die Modernisierung von Japan einbezogen. Das Schulwesen, inklusive die Bildung der Ureinwohner:innen, fand nun oft in japanisch statt. Ich traf eine Taiwanesin, deren Eltern zuhause japanisch redeten. Unterschiedlichen Ethnien entstammend, fanden sie ihre gemeinsame Sprache in der Sprache, in der beide in der Schule unterrichtet wurden. Japanische Mode, japanische Teehäuser, japanisches Essen dominierte nun. Bis heute ist davon viel zu spüren, wie wir auf unserer Reise feststellten.

Auf dem Festland begann mit dem Ende der Qing-Dynastie, nach der Ausrufung der Republik, ein Bürgerkrieg zwischen der regierenden Kuomintang  und den Kommunisten. Während des Krieges gegen Japan ruhte er mehr oder minder, wurde aber nach der Niederlage Japans 1945 wieder aufgenommen. Schließlich übernahmen die Kommunisten 1949 die Macht in China und riefen die Volksrepublik aus. Die Kuomintang unter Chiang Kai-shek zog sich nach Taiwan zurück. 1952 gab Japan offiziell im Vertrag mit der Republik China, der Regierung der Kuomintang, seine Ansprüche auf Taiwan auf.

Krankheit – aufgeschnappt und rumgereicht

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben, heißt es so schön. Unter anderem sich Krankheiten einfangen. Das hat Connor erwischt, der kurz nach unserer Ankunft in Taiwan sich einen grippalen Infekt zugezogen hat. Für zwei Tage lag er mehr oder minder danieder, danach ging es wieder aufwärts. Wohl hatte er Fieber, aber immerhin blieben die Covid-Tests einstreifig – es war wohl kein Covid. Während es ihm besser ging, ging es mir schlechter, und als ich schließlich wieder auf dem aufsteigenden Ast saß, hatte sich Qian angesteckt.

Als Ergebnis dieses Krankheitringelreins waren wir eine Woche geschwächt und gingen oft nur zu zweit durch die Städte. Was schade war, aber wir haben trotzdem Zeit miteinander verbracht und einiges gesehen.

Ein Abschnitt endet

Es ist Dezember. Downunder enden mit dem Kalenderjahre auch Schuljahre und Studienjahre.  Danach kommen Ferien, Weihnachten und Sommer.

Für meine Tochter gehen die Unijahre zu Ende. Sarah kann jetzt ihrem Lebenslauf ein Associate Degree in Professional Writing and Editing mit Distinction hinzufügen.

Das RMIT, the Royal Melbourne Institute of Technology, hatte eine Riesenveranstaltung für ca. 9000 Studenten, die ihr Studium erfolgreich abgeschlossen hatten, im Docklands Stadium organisiert.

Dieses Mal also kein Footy, sondern ein paar Reden und dann die Urkundenübergabe für die 9000, während ihre Angehörigen und Freunde in den Rängen saßen. Oft im “Staatskleid”, damit auch ihre Herkunft verratend. Neben weißen Gesichtern sahen wir viele asiatische, chinesische, indische, afrikanische…

Melbourne Cup Day – ein Tag frei für ein Pferderennen

Guten Morgen, guten Abend, guten Tag! Es ist Melbourne Cup Day.

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Was ist das? Ein Tag frei für ein Pferderennen. Ein Tag frei. Ein Tag für Pferdewetten. Ein Tag für Sweeps.

Was sind Sweeps? Beim großen Rennen um drei laufen 24 Pferde, und man zieht eines aus einem Haufen Zetteln, und schmeißt einen nicht gar zu großen Geldbetrag in einen Topf. A Gold Coin z.B. – eine 2-Dollar-Münze.

2-Dollar-Münzen sind übrigens kleiner als die für einen Dollar.

Wenn dann 48 Dollar im Topf sind, kriegt der Sieger vielleicht 25, der Zweite 15 und der Dritte den Rest.

So ähnlich läuft in manchen Firmen Footy-Tipping. Das geht dann aber über ein halbes Jahr, Woche für Woche. Kleine Beträge und am Ende Gewinnausschüttung. In einer Firma habe ich mal eine Webseite dafür programmiert, eine Fingerübung für PHP und Symfony.

Man kann natürlich auch richtig wetten. Um viel Geld. Es gibt die Buchmacher auf dem Flemington Race Course, auf dem das Wettrennen stattfindet. Es gibt auch Webseiten, wo man das ganze Jahr auf was weiß ich wetten kann. Schneckenrennen in Simbabwe. Tennis in Tasmanien. Fußball auf Fiji.

Wer Fernsehen guckt, streamt oder was weiß ich, kennt das – wie alles, was Werbung braucht, weil es zu viel kostet und keiner soviel Geld dafür ausgeben muss, weswegen es dann Werbung braucht, dass man es denn doch tut. Halt Wetten, Autos oder Fast Food. Waffen werden hier in Australien zumindest nicht im Alltag verklickert – es ist nicht der einzige Vorteil, wenn man nicht in den USA lebt.

Das Pferderennen ist ein Tag draußen und being dressed up. Kleider, Anzüge, Krawatten, Hüte. Es ist Frühling, da ist das Wetter unbeständig. Es kann warm sein und die Sonne scheinen, es kann regnen und windig sein. Der Ausblick für heute: fast dreißig Grad und ca. Punkt drei, wenn das große Rennen startet, ein Gewitter. Angezogen wird für Sonnenschein – wenn’s Wetter nicht passt, wird gefroren.

Damit man den Tag übersteht, wird, wenn man zum Rennen geht, getrunken, und oft nicht wenig. Das betrifft Mann wie Frau, soweit ich das überblicke. Am Ende sieht das denn ab und an nicht mehr so schön aus, und die Stöckelschuhe trägt sie in der Hand.

Ich habe das 2003 mal fotografiert. Ich habe auch letzten Samstag jung und alt zum Derby Day gehen sehen, ein anderer Tag auf der Rennbahn in unserem Frühlingspferderennenfestival, es hat sich nicht viel geändert. Die abgebildeten Menschen sind alle zwanzig Jahre älter, klar.

Es ist übrigens kein Foto von Pferden dabei. Ich glaube, die sind auch nicht weiter wichtig.

Viel Spaß an alle, wobei auch immer.

Arbeit und Erkundung in Kuala Lumpur

Seit ein paar Tagen bin ich nun in Kuala Lumpur, der Hauptstadt von Malaysia.

Außerdem ist es der Hauptsitz der Firma, für die ich arbeite. Ich plante, hier mit meinen Kollegen ein paar Tage zusammen zu arbeiten, und ein Wochenende mich ein wenig auszuruhen, bevor ich mich auf den “Rest des Weges” nach Hause begebe.

Ich komme gerade nach vier Wochen aus Deutschland zurück. Dazu später etwas mehr.

Langsam aber sicher gewöhnt sich mein Körper an die hiesige Zeit, Deutschland sechs Stunden voraus, Australien gegenüber drei Stunden zurück. Morgens weckt mich zumeist der Ruf des Muezzin, der aus Lautsprechern erschallt und die Gläubigen vor dem Sonnenaufgang zum Gebete ruft. Danach wird es langsam hell und ich beginne meinen Tag.

Ich sitze in einer Hotelsuite, ziemlich luxuriös, und genieße das auch, den Umständen entsprechend.

Am Ende des ersten Tages hier schrieb ich dieses “Spontangedicht”:

Ein guter Tag in fremder Stadt
Die alles, was ich wollte, hat
Es ist warm und ich sehe viel grün
Das zu mögen, muss ich mich nicht bemühn

Die Vögel schimpfen vorm Schlafengehn
Als würden sie die Sonne nie wieder sehen
Die Autos fahren auf der linken Spur
Nach drei Wochen rechts erleichtert es nur

Mit mir bin ich wirklich nachsichtig
Manchmal mache ich nicht alles richtig
Ich verlaufe mich auf meinen Wegen
So manch Überraschung kommt nicht ungelegen

Ein Gasthaus für Touristen auf Reisen
Na gut ich muss mir nichts beweisen
Zum End Crème Brûlée und dazu ein Bier
Nichts authentisch, aber doch schmeckt’s mir

Allein lass ich mich dazu ganz gern verleiten
Es hilft anderes zu verarbeiten
Manchmal möchte ich alleine sein
Danach fühl ich mich besser, rein.

Ich war am Abend nach meinem ersten Arbeitstag hier “in die Stadt” gefahren und am Zentralen Markt ausgestiegen. Eigentlich war ich auf der Suche nach Chinatown, muss mich auf dem Weg aber etwas vertan haben. Ich landete an Schnellstraßen, die kaum Gehwege haben, und wo man schon genauer hingucken muss. Ich habe einen fehlenden Gullideckel, eine nur halbe Kabelschachtabdeckung gesehen, als Hans-Guck-in-die-Luft kann es dann schon mal unangenehm werden.

Die Stadt ist sehr autozentriert. Es gibt der Schnellstraßen viele, einige sind gebührenpflichtig, und trotzdem staut es sich. Die Kollegen aus meinem Team fahren, da sie etwas weiter draußen wohnen, wo keine Bahn fährt. Ich habe aber auch einen Kollegen gehört, der einfach nur Auto bevorzugt.

Im zentralen Bereich des Klang Valleys, des “Großen Kuala Lumpur”,   gibt es durchaus S-Bahnen, die schnell, sauber und zuverlässig zu sein scheinen, meinen Erlebnissen nach. Oft schweben sie auf Stelzen in der Höhe des vierten, fünften Stocks über dem Boden, darunter dann die Autos. Die Bahnhöfe überspannen die Straßen und wirken schon recht mächtig.

Kuala Lumpur ist eine recht junge Stadt. Die Wurzeln liegen im 19.Jahrhundert, als hier Zinn gefunden wurde. Deshalb gibt es eben keine Jahrhunderte zurückreichenden Gebäude, dazu muss man in Malaysia nach anderswo fahren.

In Kuala Lumpur und seiner Umgebung leben mehr als 9 Millionen Menschen, und es ist ein quirliger Mix aus Malays, zumeist Muslims, Chinesen und Indern. Malaysisch ist die Amtssprache, und in dieser Sprache findet auch der Schulunterricht statt. Es sind verschiedene chinesische Dialekte zu hören. Außerdem wird oft englisch gesprochen. Meine Kollegen habe ich zwischen Mandarin, Kantonesisch, Malay und Englisch wechseln hören, je nachdem, wer an dem Gespräch beteiligt war.

Während die muslimischen Frauen alle Kopftuch zu tragen scheinen und sich bis zu den Füßen bedecken, laufen die Männer aller Art als auch die Frauen chinesischer Abkunft recht freizügig herum. Da es ganzjährig warm ist, um die 30 Grad, heißt das oft nackte Arme und nackte Beine.

Was aber nicht heißt, dass die Musliminnen sehr traditionell gekleidet sind. Bunte Farben der Kopftücher und Kleider sind eben so häufig wie T-Shirts, z.B. mit Hard Rock Cafe Logo, und lange Hosen. Die Füße sind entweder in “Sandalenlatschen” oder aber in sehr hübschen Sandalen mit dünnen Riemen, und Nagellack wie Tätowierungen sind oft zu sehen.

Malaysia, einer der sogenannten “Tigerstaaten”, die sich seit dreißig Jahren weit entwickelt haben, ist auch ein Magnet für Bauarbeiter aus Bangladesh oder Kellnerinnen aus Indonesien, die zum Arbeiten organisiert angestellt werden. Die Männer aus Bangladesh leben oft in Gemeinschaftsunterkünften, sind unter Vetrag und werden von Baustelle zu Baustelle “weitergereicht”. Die Indonesierinnen haben es einfacher als andere, was die Sprache angeht. Nach Angaben meiner Kollegen ist das indonesisch Malay soweit ähnlich, dass eine Verständigung einfach ist.

Die Mittelschicht des Landes ist in in den letzten Jahrzehnten erheblich gewachsen. Dementsprechend gibt es große Einkaufszentren, in denen alles das zu haben ist, was mir auch “im Westen” bekannt ist. Im Apple Store geht es geschäftig zu, es gibt Markenkleidung, Billigeres, Spielunterhaltung fur die Kinder und einiges zu essen. Ich habe hier bis jetzt sowohl Laksa, die Nudelsuppe mit Kokosnussmilch, gegessen, einen Kaffee aus einer Espressomaschine getrunken, als auch westliches Essen vorgefunden.

Der Wohlstand der Mittelschicht ist aber auf wackligen Beinen unterwegs: Der Minimallohn liegt bei 1500 Ringgit pro Monat, was nicht viel ist, und wer arbeitslos wird, ist auf sich allein gestellt, eine staatliche Grundsicherung gibt es nicht.

 

An der Oberfläche gekratzt

Sich von Melbourne, an der Südküste Australiens gelegen, auf den Weg nach Norden zu begeben, heißt, die tyrany of distance, die Tyrannei der Entfernung zu erfahren. Ich habe mich auf den schnellsten aller Wege, das Fliegen, aufgemacht, doch auch nach drei Stunden fliege ich immer noch durch mein Heimatland, meinen Heimatkontinent. Bei Aufstieg sah ich vertrautes, wie den Organ Pipe National Park, die Gesteinsformationen in Gestalt von Orgelpfeifen am Nordrand der Stadt, die welligen Hügel nordöstlich der Stadt, zu denen man in einer Stunde fährt. Ein paar Minuten später sehe ich einen rosafarbenen See unter mir, das ist halbe Strecke nach Adelaide, der im Nordosten gelegenen Hauptstadt des Nachbarstaates South Australia. Zur Seite sehe ich die Rolls-Royce-Triebwerke, die unser gewaltiges Luftschiff mit mehreren hundert Menschen nach vorn schieben, alle vier Sekunden einen Kilometer. Die Bergkette der Flinders Range erscheint, die zu Stein gewordene Geschichte der Rainbow Serpent, der   Regenbogenschlange, aus der Dream Time, der Zeit, in der dieses Land geschaffen und gestaltet wurde. Stunde um Stunde fliege ich über das Innere des Landes, welches wir Einwanderer kaum erfahren. Wohl lief ich mit Gleichgesinnten ein paar zehn Kilometer auf dem Larapinta-Pfad, wohl fuhr ich als junger Backpacker und später mit meinem Sohn Richtung Norden, nach Darwin. Das dauerte zwei Wochen, doch auch hier waren wir immer wieder ans Gängelband von Straßen  gebunden, die uns nach Coober Pedy und zum Uluru brachten. Das weite Land dazwischen ist immer noch das Land der First Nations People, Nachfahren von Menschen, die vor mindestens 65 000 Jahren einwanderten. Sie kennen die Pfade wesentlich besser als wir, die wasser- und lebenspendenden Billabongs, Wasserlöcher im trockenen Land, verbunden durch trockene Rinnen, Flußbette, die nur selten Wasser führen.

Wir behaupten, die Herrscher über dieses Land zu sein. Das ist ganz genauso töricht wie der Gedanke, den Planeten zu beherrschen. Die tiefste Bohrung ist etwas tiefer als 10 km, in etwa vergleichbar, der tiefsten Meeresstelle im Pazifik, die Menschen mit einem U-Boot erreichten. Doch ist das nur ein Kratzer in der Erdenhaut, ein Promille auf dem Weg zum Mittelpunkt der Erde. Wohl haben diesen die Abenteuer von Jules Verne nur im Buch erreicht, aber auch der moderne Mensch hat nur über Geologie, Physik und Mathematik über das Innere der Erde

Alle anderen kolonialen Gründe beiseite, allein schon die Tatsache, wie fremd uns das Innere des Landes ist, sollte uns ermöglichen, sich eine Versammlung von Ureinwohnern in der Hauptstadt des Bundes, in Canberra, vorzustellen, die ihr Wissen einbringt, um Regierung und Parlament in Dingen, die First Nations People selbst betrifft.